daniel roehe

digitale bildung für alle

sneak united 93

Beim letzten Sneak Preview im Grindel Kino bin ich von einem relativ sinnfreien Disney-Streifen berieselt worden. Als heute abend das Universal-Logo über den Schirm lief, schien sich Größeres anzukündigen. Und schon bald gab es kein Entkommen aus dem Film United 93. Sehr schnelle dichte Bilder haben Erinnerungen an den 11. September 2001 geweckt, wie vier Flugzeuge über Amerika entführt wurden und die Welt bis heute veränderten. Die Kamera hat etwas von diesen „embedded“ Reportern aus dem Irak-Krieg; verwackelte, schnelle kurze Eindrücke aus einer Zentralperspektive folgen eng den überwiegend unbekannten Schauspielern. Das Flugzeug wird betreten, Tower und Flugsicherung werden gezeigt und nur sehr wenige CNN-Bilder lassen erahnen, was noch am Boden passiert. Der Film zeigt die anfängliche Unglaubigkeit, die Verwirrung und Hilflosigkeit der Flugsicherung und den Wechsel zwischen lähmender Todesangst und ratloser „Aktion“ im Flugzeug als wäre er eine reine Reportage. In den immer mehr zerrüteten Sequenzen stechen bis zum Schluss (zum Glück) keine wirklichen Helden heraus, der Zuschauer bekommt aber auch kaum eine Chance zum durchatmen, geschweige denn nachdenken oder -fragen. Und so endet der Film wie er angefangen hat. Von sich aus und von Seiten des Publikums nahezu kommentarlos und doch schwer beeindruckend. Die Reflexion der Ereignisse bleibt im vorbeirauschen der Bilder irgendwie stecken, zumindest aber jedem selbst überlassen. Wofür er steht bleibt bis jetzt offen. Ob ein Film über den 11. September wirklich so neutral sein kann oder darf? Fehlt dem Regisseur der Mut zu einer Aussage oder sind die Ereignisse noch zu nah für eine Kommentierung? Es bleiben einige Fragen offen. Für ein Sneak Preview vielleicht zu viele.

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2 Kommentare

  1. r. 30. Mai 2006

    Eindrücke aus einer Zentralperspektive

    Wie hattest Du Dir das denn alternativ vorgestellt?

  2. DR. 30. Mai 2006 — Autor der Seiten

    Erwartet hätte ich eigentlich, dass in dem Film irgendwelche Helden geschmiedet werden. So wie es in US-Streifen so üblich ist. Aber zum Glück ist diese Befürchtung nicht wahr geworden.
    Das Ende lässt letztlich keine Wünsche offen, weil es die Interpretation für jeden offen hält. Der Regisseur hätte sich nur überlegen können, ob er die Planlosigkeit der Flugsicherung anprangern will, die Zivilcourage der Passagiere besonders herausstellen oder die (Un)menschlichkeit der Attentäter darstellen. Irgendwie schafft der Film alles aber nichts richtig, versucht sich mit Objektivität. Und die wirkt etwas wie Mutlosigkeit.
    Wer will kann sich ja ab 1.6. selbst überzeugen.

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